JETZT-ZEIT
AnnSicht N°11 - Mai 2023
Selten habe ich beim Schreiben Startschwierigkeiten – aber beim Thema „Zeit“ vergingen Stunden und Tage, ohne dass ein einziges Wort auf dem Papier stand. Stattdessen ein Wirbel an Zeit-Gedanken, die sich in keine Ordnung bringen lassen wollten. Dabei ist es doch dieses Zeit-Gerüst, an dem wir uns tagtäglich entlang hangeln, stets im Zeitplan, pünktlich oder eher verspätet. Wir lassen uns hetzen, der kurze Blick auf die Uhr bzw. das leichte, scheinbar beiläufige Tippen auf’s Handy, um die Zeit zu checken: Ich selbst setze mich unter Zeitdruck mit Gedanken wie „Kinder gleich aus der Schule zurück und noch keine Idee für‘s Mittagessen“ oder lasse mich unter Zeitdruck setzen: „In 5 min. beginnt Sport, kannst du mich schnell bringen?“
ES GIBT DEN BEGRIFF „ZEITRAUM“. Für mich ist es eher eine Dimension, die nicht zu erfassen ist, und doch bewege ich mich darin. Auch das Wort „Zeitenwende“ ist allseits zu hören, zu lesen. Ist es möglicherweise die Wende in die Nicht-Zeit – oder was wendet sich, außer dass gefühlt alles an Geschwindigkeit zunimmt, dass mir schon ganz schwindelig wird? Wirkliche Veränderung im Sinne von Bewusstheit oder Fortschritt im Außen erleben wir nicht, auch in der Politik bleibt es bei hektischem Aktivismus, der dem Machterhalt dient.
Das führt mich schon zum nächsten Gedanken: Gibt es überhaupt diese „Zeit“, die wir in allererster Linie dafür erfunden haben, um Abläufe zu strukturieren, eines nach dem anderen zu erledigen, um dann abends müde auf dem Sofa zu sitzen und gleich wieder aufzuspringen, da bis zum nächsten Morgen noch ganz dringend etwas erledigt werden „muss“. Halleluja: Wir haben die Zeit erfunden und machen uns zu ihrem Sklaven – begrenzen uns, lassen uns keinen Spielraum für spontane Ideen oder Wünsche, hetzen stattdessen Tag für Tag diesem vollgepackten Zeitplan hinterher – stets den Fokus auf der Zeit.
Versunken in dieses Thema ploppte auf einmal eine Email auf: Mit Yoga die Zeit verlangsamen (ich liebe diese Synchronizität!) – aber auch das ist noch lange nicht die Antwort auf die Frage der Geschwindigkeit im Leben. Wieso dieser Speed? Und mit jedem Jahr mehr?
ICH ERINNERE MICH NOCH, WIE ICH ALS KIND SONNTAGS VOR LANGEWEILE FAST VERRÜCKT GEWORDEN BIN: andere Familien sollten „in ihrer Sonntagsruhe nicht gestört werden“, Fernsehen tagsüber ein No Go, was war ein portables, flaches Telefon mit Tasten?… zu allem Überfluss wurden wir dann auch noch unter Protest zum Waldspaziergang mitgenommen. Das wiederum stellte sich jedes Mal als Highlight heraus, da es tatsächlich immer etwas zu entdecken gab und – jetzt mein sonntäglicher Höhepunkt: wir durften uns im Anschluss ein großes, sahniges Tortenstück in einer Konditorei aussuchen! Nur einen Tag später verging der Tag mit Schule, Hausaufgaben und Verabredungen so schnell wie 5 Minuten von besagtem Vortag.
DER UNTERSCHIED ZU HEUTE IST, DASS ICH LANGEWEILE GAR NICHT MEHR KENNE. Bücher stapeln sich neben meinem Bett, Papiere auf meinem Schreibtisch, Yogasequenzen, die endlich aufgenommen werden wollen, uvm. Da höre ich die Worte meiner Patentante. „Kinder, wie die Zeit vergeht!“ Und ich frage mich noch heute: Ja genau, WIE vergeht sie denn? Wieso kann ich nicht mehr ein Stückchen Lange-Weile erleben – und dieses Zeitfenster mit Dingen füllen, die mich beglücken, bereichern, die ich „schon immer mal“ machen wollte?
Wir sehen nur noch diese Zeitmatrix – als unsere Realität. Unser ganzer Fokus liegt hier – aber weniger bei den Aktivitäten. Auffälligerweise kommt hinzu, dass sich die Themen unter der Woche wiederholen: zur gleichen Zeit aufstehen, Kinder wecken, Schule (wann wird endlich der Schulbeginn um eine Stunde verschoben?), Mittagessen, Kid’s Activities 5 Tage die Woche und irgendwann Schlafenszeit.
MANCHMAL GRENZT DIESES „ZEITDENKEN“ SCHON AN „SELBSTSABOTAGE“: Ich war kürzlich auf einem großartigen Tagesseminar – und statt alles Erlebte nachhallen zu lassen, lenkten manche gegen Ende des Seminars ihren Fokus auf die Zeit: Fragen wie, „Hat mein Thema noch Zeit?“, „Wann genau ist das Seminar zu Ende?“, „Findet ein Folge-Termin statt?“ überlagern das soeben Erlebte. In Gedanken schwingen wir uns bereits wie Affen durch den Zeiten-Dschungel – Hauptsache im Plan bleiben. So kann gerade Erlebtes nur schwerlich nachwirken.
Im Buch „Jetzt“ von Eckhart Tolle steht, dass alles Tun, Denken, Sagen, Empfinden… stets im Jetzt geschieht. Dieses eine, große, magische JETZT.
In dieses Jetzt möchte ich unseren Verstand ins Spiel bringen. Verstand und Jetzt – passt nicht wirklich zusammen. Er braucht das Konstrukt der „Zeit“, das den Moment/ das Jetzt wie ein Gummiband (= Zeit) auseinanderzieht, um unsere Erfahrungen im Leben erfahrbar zu machen. Auf dieser Zeitlinie von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft reihen sich unsere Erfahrungen, bildlich gesprochen, wie Perlen aneinander. Nur der Fokus auf die Zeit lässt sie rasen – nach dem Motto: Energy flows where attention goes!
NUN ZU UNSEREM BEWUSSTSEIN, DAS, WIE DER NAME SCHON SAGT, BEWUSSTES-SEIN-IM-JETZT BEDEUTET. Es erfordert Übung, in diesem Jetzt-Moment zu bleiben, wahrzunehmen und zu erleben: denn nur von hier aus findet wahrhaftiges Leben statt, erkenne ich meinen Weg, unabhängig von allen Zeitmustern und -konzepten im Außen. Wenn dann – BÄNG – unser Verstand ins Bewusstsein grätscht, wie wild von der Vergangenheit in die Zukunft und wieder zurückspringt, hier und dort in der Zeitmatrix verweilt, können wir nicht mehr im Jetzt SEIN. Das erzeugt Druck – Zeitdruck. Aus irgendeinem Grund hören wir noch immer mehr auf unseren Verstand, als auf unser weises Herz, das sein Zuhause im Jetzt hat und sich genau hier ausdehnen möchte.
Tja – und dieser Druck lässt Zeit-Kapriolen im Hirn und im ganzen Körper entstehen… jetzt ist auch mal „Zeit“ für eine Erklärung gekommen ;-) Und, Ihr werdet es nicht glauben, gerade schaue ich auf einen kleinen Zettel, der an meiner Schreibtischlampe hängt: Darauf steht: Es gibt nur eine Zeit, in der es wesentlich ist aufzuwachen – diese Zeit ist jetzt (Buddha).
DAS MIT DEM AUFWACHEN MACHT JEDER FÜR SICH und in seinem Tempo. Aber ich habe einige Ideen für Atem-Übungen auf meiner Website. Auch Meditationen oder Yogasequenzen, in denen ganz bewusst und synchron zur Bewegung ein- und ausgeatmet wird, helfen, ins Jetzt zu finden. Dein Verstand flüstert Dir gerade ins Ohr, dass noch so viel auf Deiner To-Do-Liste steht? Dann solltest Du Dir gleich doppelt so viel Zeit nehmen – das Jetzt ausdehnen und Raum für Dich schaffen.
Mit einem tiefen Atemzug & Herzensgrüßen wünsche ich Dir einen lichtvollen Tag,
Deine Ann
P.S. Jetzt nicht auf die Uhr gucken – nur einatmen… ausatmen… einatmen… ausatmen… einatmen… ausatmen…
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